Eine meiner Kolleginnen liebte das Reisen in
südliche Länder, mitten im Sommer, bei unerträglicher Hitze, um dort wochenlang
zu wandern.
Zum ersten Mal – sie war etwa 60 Jahre alt - hatte
sie im Sommer 2006 einen Chihuahua dabei, der nach dem Tode ihres ersten Hundes
erst ein Jahr lang bei ihr lebte. Es war ihre erste Wanderung mit Hund.
Auf dem Rücken trug sie ihr sorgfältig aufs
Nötigste reduzierte Gepäck. Darunter befand sich auch ein Zelt, für den Fall,
dass sie kein Zimmer finden würde.
In jenem Jahr führte ihr Weg nach Spanien. Dort
wollte sie an der Küste wandern. Als gut trainierte Wanderin schaffte sie oft
20 bis 30 km am Tag.
Was sie vorher nicht gewusst hatte ... in Spanien
lassen die meisten Busfahrer keine Hunde mit in den Bus. Dies war eine üble
Regelung für sie, denn sie fuhr häufig kleine Streckenabschnitte der
Gesamtstrecke mit dem Bus oder sie wanderte von einem Hotelzimmer aus eine
Strecke und fuhr am Abend mit dem Bus zum Hotel zurück.
Sie musste daher die Busfahrer austricksen:
Bei sich trug sie eine Hundereisetasche – quasi eine
Hundehütte aus Stoff, die vorn eine Öffnung zum Rausschauen hat. Ihre
Busfahrten verliefen dann so: Sie sagte ihrem Hund eindringlich, er müsse
während der Fahrt ganz still sein und dürfe nicht bellen. Dann hielt sie ihren
Sonnenhut vor die Öffnung der Tasche und stieg ein.
Kein Mitfahrender hätte sie angezeigt, doch musste
sie aufpassen, dass der Busfahrer nichts merkte. Dies ist ihr während der
ganzen fünfwöchigen Reise immer gelungen. Der Hund war mucksmäuschenstill und
sie hat so jede Fahrt ohne Zwischenfälle überstanden.
Das zweite Problem war die Zimmersuche bzw. die
Aufnahme auf einem Zeltplatz. Mit Hund hatte sie dies noch nie erprobt. In
Spanien ist es außerordentlich schwierig, ein Zimmer zu bekommen, wenn man
einen Hund bei sich hat. Auf Campingplätzen hat man das gleiche Problem. Hotels
wollen, dass ihre Gäste sich ungestört fühlen und ohne Hundegebell schlafen können.
Das gleiche Argument bekommt man bei Zeltplatzverwaltern zu hören.
So war die Kollegin froh, wenn sie irgendwo eine
Zusage bekam und blieb wegen dieses Stresses, der bei der Zimmer- oder
Zeltplatzsuche entstand, wenn möglich, immer zwei Nächte an einer Stelle.
Einmal erlebte sie dabei folgendes:
Sie hatte eine Nacht auf einem Zeltplatz verbracht.
Während der Nacht musste sie sich mit vielen Ameisen herumplagen und überlegte
so am nächsten Morgen, ob sie ausnahmsweise nicht doch lieber nur eine Nacht
hier verbringen solle. So brach sie ihr Zelt ab und wanderte weiter. Am Endes
dieses Tages war es wieder einmal sehr schwierig, ein Zimmer zu finden. In dem einzigen
Hotel, in dem sie eine Zusage bekam, kostete das für sie frei stehende Zimmer 77
€, ein hoher Preis für ein Einzelzimmer. Sie ärgerte
sich sehr, doch konnte sie nicht länger suchen, da es schon spät war. Also nahm
sie das Zimmer und ärgerte sich bis zum Einschlafen.
Am nächsten Morgen schaltete sie den Fernseher an
und sah die spanischen Nachrichten ...
Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen, denn
plötzlich kam ihr das, was dort gezeigt wurde, sehr bekannt vor. Es wurde von
einem Campingplatz berichtet, auf dem in der Nacht ein riesiges Feuer ausgebrochen
war. Es war genau der Platz gewesen, den sie am Morgen des Vortages wegen der
vielen Ameisen verlassen hatte.
Hubschrauber waren in der Nacht zum Löschen
ausgeflogen. Es waren Bilder von Menschen zu sehen, die zum Meeresufer
geflüchtet waren, um dem Feuer zu entkommen. Keiner von ihnen hatte etwas bei
sich. Sie waren so, wie sie gerade gekleidet waren, losgelaufen ...
In diesem Moment explodierte ein riesiges AHAAAA in
ihrem Geiste ...
Sie dankte den lästigen Ameisen und der
Hotelzimmerpreis sank in ihrer Beurteilungsskala auf niedrigste Stufe. Wie
günstig doch dieses Zimmer für sie gewesen war im Verhältnis zu den
Unannehmlichkeiten, die sie als Ausländerin ohne Geld, Papiere und
Wanderutensilien gehabt hätte!
Und die Moral von der Geschicht ...
erkennt ein jeder (oder nicht?)
© UN 23.5.15
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