Eine Katze namens Resi
oder
Wie man ein Geschenk mit Energie auflädt
Es war einmal eine Holzkatze ...
Nein, ich fange anders an. Es begann alles im Antik-Café in
Bad Meinberg, einem Café, das wir viele Jahre lang immer und immer wieder besuchten,
weil man sich dort so wohl fühlte. Leider existiert es inzwischen nicht mehr.
Dieses Café war eingerichtet mit lauter Antiquitäten. Das
ganze Mobiliar, aller Nippes, Lampen, Textilien, ja sogar Bücher waren antik.
Alles war auch käuflich zu erwerben, diente dem Lebensunterhalt des Inhabers,
der sich immer wieder auf Auktionen und bei Haushaltsauflösungen nach
Geeignetem umschaute.
Irgendwann einmal hatten wir dieses Café entdeckt, nachdem
wir schon –zigmal daran vorbeigegangen waren. „Gehen wir doch mal rein ...“, dachten
wir eines Tages.
Und von da an waren wir immer wieder dort, manchmal
wöchentlich, manchmal in größeren Abständen, bei besonderen Anlässen aber auch
öfter als einmal in der Woche. Dieses Café hatte es uns angetan. Hier fühlte
man sich wie im heimischen Wohnzimmer und jedes Mal lernte man wieder andere
Menschen kennen, denn hier war es üblich, dass man Tischrunden auffüllte, wenn
z.B. zwei Personen an einem Tisch saßen, an dem genau so gut auch sechs
Personen bedient werden konnten. Nicht immer ergaben sich dadurch nette Gespräche,
aber doch sehr häufig.
In diesem Café saßen wir eines Tages, mein Mann und ich.
Mein Blick fiel auf den schwarzen gusseisernen Ofen, auf dem eine wunderschöne,
mit Goldfarbe und den Farben Ocker, Rot und Grün bemalte Katze stand.
Leider habe ich nur ein sehr unscharfes und kleines Bild
von diesem Plätzchen fürs Kätzchen, denn es war ein Schnappschuss, den ich
damals machte.
Ich nahm das Kunstwerk gleich in die Hand, drehte und
wendete es und fand es einfach wunderschön. Die Katze hatte genau die gleichen Farben
wie unsere skandinavische Holzlampe, die ich einmal in Streifen bemalt hatte,
nachdem ihr Holz im Sonnenlicht so verblichen war. Es waren die Farben Rot, Grün und Ocker.
„Hm, mitnehmen?“, dachte ich. „Wer weiß, was die kostet. Ah,
ich habe ja meine digitale Kamera mit.“ So wurde die Katze einfach unbemerkt
fotografiert, wurde zuhause im PC gespeichert und dann als jpg-Datei einer
Mailfreundin im Saarland zugesandt.
„Sieh mal, wie schön die ist“, mag wohl der Wortlaut der
Mail gewesen sein.
Nun ... ein paar Besuche später war die Katze im Café nicht
mehr zu sehen.
„Tja“, dachte ich so bei mir, „wenn man etwas gern haben
möchte, dann sollte man sich gleich entschließen, sonst ist es plötzlich weg.
Hm ... schade, aber es sollte wohl nicht sein.“
Vergessen ...
Ein halbes Jahr später ...
Ich hatte Geburtstag. Meine Mailfreundin aus dem Saarland
hatte mir ein Päckchen geschickt. Einige Tage zu früh. In solchen Dingen bin
ich immer sehr pingelig: Das Päckchen blieb erst einmal auf meinem Sekretär
liegen.
Teresa kenne ich seit 2002 aus einer Chatrunde. Wir
verstanden uns auf Anhieb, telefonierten sehr bald miteinander und schrieben
uns bereits Hunderte von Mails. Es ist eine sehr feste Freundschaft daraus
geworden, doch haben wir uns noch nie persönlich getroffen, wirklich noch nie!
Am Geburtstagsmorgen saß ich auf dem Sofa mit meinem Mann.
Wir wollten noch kurz in die Fernsehnachrichten schauen, nachdem wir unser
Frühstück zu uns genommen hatten. Plötzlich fiel mir Teresas Päckchen ein. „Schön,
so ein Geburtstagspäckchen“, dachte ich, ging zum Sekretär, holte es mir zum
Sofa und packte es aus.
Da war ein Geschenk zu finden, eingepackt in sanft
geblümtes Papier. Kein Buch - das erkannte ich an Form und Gewicht. Was dann?
Gespannt wickelte ich den Inhalt aus. Neeiin!!!! Es war wie
ein schöner Traum - die Holzkatze!!!
Moment ... DIE Holzkatze???
Sofort kamen Zweifel auf. Wie sollte Teresa an genau diese
Katze aus dem Café gekommen sein?
Mein Mann schnupperte daran: „Du, die riecht nach Tee,
bestimmt hat sie sie aus einem Teeladen und sie ist der Katze im Café einfach
nur sehr ähnlich.“ – „Was, glaubst du das wirklich?“, fragte ich. Ich dachte,
so ein schönes Stück könne doch nicht gleich dutzendweise gefertigt worden
sein. Und in dem Moment kam mir eine Idee.
Ich holte mein Laptop aus dem Arbeitszimmer und suchte die
Bilddatei heraus, die ich Teresa damals geschickt hatte. Und ich wurde fündig,
obwohl inzwischen über ein halbes Jahr vergangen war. Ich schickte das Foto in
ein Bildbearbeitungsprogramm und dann wurde es vergrößert - immer weiter - bis
man so genaue Details erkennen konnte, dass ein Vergleich möglich wurde.
„Da,“ sagte ich zu meinem Mann, „schau dir diese Stelle an,
da, wo die Goldfarbe etwas abgesplittert ist und die rote Farbe vom Untergrund
hervorguckt. Eindeutig!!!“ „Nee“,
sagte er, „das glaube ich noch nicht. Aber du könntest doch Recht haben. Schau
mal, diese Kerbe da links, das hat diese hier auch.“ Und nach einigen weiteren
Indizien waren wir sicher: Dies ist die
Katze, die ich im Café in der Hand gehalten hatte!
Ich war überglücklich, doch war mir der Weg, den die Katze
genommen hatte, einfach ein Rätsel. Wie konnte Teresa an die Katze gekommen
sein? Sie war gewiss nicht in Bad Meinberg gewesen. So ging ich erst mal zur
Arbeit, nahm die Katze mit, um sie meinem Kollegium zu zeigen, denn sie hatte
mir mit ihrer noch etwas nebulösen Reisegeschichte doch so viel Freude
bereitet. Das Kollegium fand die Geschichte auch rührend.
Am Nachmittag wollte ich nun ein wenig feiern und kam auf
die Idee, mit meinem Herzblatt ins Antik-Café zu fahren. Ich setzte meinen
kleinen dunkelblauen Stadtrucksack auf, in den ich zuvor mein mir gerade eben
zugelaufenes Haustier packte, die schöne Holzkatze von Teresa, die ich schon
auf den Namen Resi getauft hatte. Na, das würde ja ein Spaß werden!
Als wir im Café ankamen, begrüßten wir freudig die
Wirtsleute, die uns einen Platz am Ofen anboten. Wie schön! Hier ist es im
Winter - es war Februar - immer gut geheizt. „Ich habe auch mein neues Haustier
mitgebracht“, sagte ich zu Herrn Dümpe. „Ach“, meinte der, „Sie haben jetzt auch ein Haustier?“ Auch will heißen: Wir haben ja unsere
Lissy, die wuschelige Schäferhunddame.
Ich setzte verheißungsvoll meinen Rucksack ab mit den
Worten: „Ja, es ist hier drin, warten Sie mal ab“, und dann zog ich die
Holzkatze aus ihrem Reisebehälter. Ein breites Grinsen zog sich sowohl über
Herrn Dümpes wie auch über Frau Reiches Gesicht. Frau Reiche ging sofort in die
Küche, nahm einen Zettel von der Wand, kam zurück hinter den Tresen und fragte
mich: „Kennen Sie eine Teresa V.?“ „Ach nee, “ sagte ich, „meine liebe Freundin
Teresa aus dem Saarland! Wie hat sie das
denn geschafft?“ „Ja, sie rief eines Tages hier an. Es muss etwa ein halbes
Jahr her sein“, meinte der Wirt
amüsiert.
Später verfolgte ich den Weg der Katze in Gedanken. Teresa
hatte von mir eine Ablichtung von der Katze per Mail bekommen und wusste nur
von mir, dass ich sie in einem Antiquitätencafé in unserer Nähe entdeckt hatte.
So googelte sie im Internet und gelangte zu der Telefonnummer des Antikcafés.
Sie ließ sich die Katze gegen Vorkasse zusenden und schickte sie mir dann ein
halbes Jahr später zum Geburtstag.
Die an der Katze hängende Reise machte sie für mich doppelt
kostbar, vor allem, dass es meine liebe Freundin Teresa war, die sich diese
Kuriosität hatte einfallen lassen!
© UNik 4.4.11
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